Montag, 10. November 2008

Fundstück des Tages (Beamtenösterreichisch?)

Stellungnahmen von Polizisten und anderen Einsatzkräften in den Nachrichten finde ich generell sehens- bzw. hörenswert, einfach wegen deren mitunter komischen Kombination von elaboriertem Beamtendeutsch und österreichischer Umgangssprache.

In den entsprechenden schriftlichen Berichten geht das dann leider verloren. Zumeist.

Zum Hintergrund des heutigen Fundstücks: Beim Samstagsspiel der Ersten Liga zwischen SV Scholz Grödig und FC Wacker Innsbruck kam es zu heftigen Zusammenstößen. Bereits vor dem Spiel trafen sich Hooligans zum Stelldichein auf der "Bluatwiesn", im "Stadion" wurde danach ein Zaun niedergerissen und diverse Gegenstände aufs Spielfeld geworfen, und nach dem Match kam es erneut zu Schlägereien. (salzburg.of.at)

Die Polizeiführung beurteilt das Verhalten der Exekutive durchaus kritisch. Hermann Rechberger, Offizier und Jurist von der Salzburger Sicherheitsdirektion glaubt an taktische Fehler der Einsatzführung:

"Wir werden hier genau überprüfen, wie es nach dem Spiel ein zweites Mal dazu kommen konnte, dass Innsbrucker Hooligans mit gegnerischen Fans in Kontakt kommen konnten. Und warum gelang es nicht, die Innsbrucker einfach zu ihren Bussen zu eskortieren? Wir können nach solchen Dingen nicht zur Tagesordnung übergehen, ohne sich das genau anzuschauen." (salzburg.orf.at)

Frage: Was ist hier passiert?

Möglichkeit 1: Der Journalist des ORF hat ungenau gearbeitet und den Satz zwar als "Wir können nicht... ohne uns..." begonnen, ist dann aber mittendrin zur Form "Man kann nicht... ohne sich..." gewechselt.

Möglichkeit 2: Der Journalist des ORF hat das gesprochene Österreichisch des Beamten zu einfach ins geschriebene Deutsch übertragen: "Mia kennan ned zua Dogesoadnung übagehn, ohne dass ma si des genau onschaun!"

Freitag, 7. November 2008

Fundstück des Tages (Eurofalle?)

Heute in der Redaktion, beim Überprüfen eines Veranstaltungshinweises gefunden (der Text ist eigentlich irrelevant und wird nur der Vollständigkeit wegen widergegeben, das Fundstück ist der letzte Punkt zum Eintrittspreis):
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Silvester-Klassiker mit Florian Adamski 3x in Tirol
"Same procedure as every year!"
Dinner for one - live auf der Bühne


"Dinner for one" - auch heuer ist der legendäre britische Silvester-Klassiker über das alljährliche Dinner bei Miss Sophie "live" auf der Bühne zu sehen; Am Donnerstag, 28. Dezember im Kolpinghaus Hall, am Freitag, 29. Dezember im Volksspielhaus Kramsach, und am Samstag, 30. Dezember in Hopfgarten (Salvena). Beginn 20 Uhr. Es spielen: Florian Adamski als Butler James und Beate Gruber als Miss Sophie; Regie Pepi Pittl.

Wieder einmal ist es soweit: Miss Sophie hat zu ihrer Geburtstagsfeier geladen - es ist übrigens das 90. Wiegenfest der Hausherrin - und alle lieben Gäste sind gekommen. Besser gesagt: sie sind natürlich nicht gekommen, denn die Teilnehmer des alljährlichen Treffens sind bedauerlicherweise schon seit Jahren verstorben. Und so liegt es wieder an Butler James, die Rollen der Gäste zu übernehmen - und Trinkfestigkeit zu beweisen. Same procedure as every year!

Florian Adamski ist einer der erfolgreichen Newcomer der Tiroler Schauspielszene. Der Kundler wurde in den vergangenen Jahren für seine eigenen Programme mit drei österreichischen Kabarettpreisen ausgezeichnet, stand bei mehreren Spielfilmen vor der Kamera und ist auf verschiedenen Bühnen zu sehen. So etwa bei der Premiere des Felix Mitterer-Stücks "Fleisch", bei Ödon von Horvaths "Glaube Liebe Hoffnung", in der "West Side Story" und zuletzt bei "Viel Lärm um nichts" bei den Vereinigten Bühnen Bozen.
  • "Dinner for one"
  • Do, 28. Dez: Kolpinghaus Hall (VK: Sparkasse Hall)
  • Fr, 29. Dez: Volksspielhaus Kramsach, (VK: Sportcafe im Freizeitzentrum)
  • Sa, 30. Dez: Salvena Hopfgarten (VK: Gemeindeamt, TVB)
  • Beginn: 20 Uhr
  • Eintritt: 9.- österreichische Euro

Quelle: http://www.vero-online.info/page.php?id=317
.
Na, da wird es in der Kasse der Veranstalter aber klingeln. Klingeln. Nicht rascheln. Denn für Laien ist wohl kaum ersichtlich, welche Euroscheine österreichisch sind und welche nicht. Also liebe Interessierte, ich rate euch, die vorweihnachtlichen Einkaufsraubzüge dazu zu nützen, ausreichend österreichische Münzen zu sammeln. Deutsche, italienische und andere ausländische Euros werden nicht akzeptiert!

PS: Auch wenn dies im Jahre 2008 natürlich nur mehr ein unglaubwürdiger Scherz ist - scheint ähnliches in den ersten Wochen nach Einführung im Ernst passiert zu sein. Dazu ein Standard Artikel vom 4. Februar 2002, zu finden hier, auf sagen.at, unter "Euro Sagen, Variante II".

Dienstag, 4. November 2008

Wo hört sich der Spaß denn eigentlich auf?

Er ging durch die hiesigen Medien - der Fall des Wiener Straßenbahnfahrers, der am 25. Oktober 2008, einen Tag vor dem österreichischen Nationalfeiertag, seine vermeintlich spaßige Fahrt vom "Führerstand" aus kommentierte und mit "Sieg Heil" abschloss.



Was soll man dazu sagen? Lustig ist das nicht. So einfach wie es scheint, aber auch nicht.

Was den Straßenbahnfahrer betrifft: Wen man sich den Beginn mit dem rollenden "r" anhört, so meine ich, ist unverkennbar, dass er sich ein bisschen von Stermann und Grissemanns "Deutscher Kochschau" inspirieren hat lassen. Er wird sich wohl gedacht haben: "Deren Programm wird gefeiert und alle finden's lustig - also warum sollt ich das nicht auch können?"

Und die Fahrgäste fanden's ja auch lustig. Das ist meiner Meinung nach das erschreckendste an dem Video: Das Publikum johlt ihm zu. Man ermutigt ihn noch, sein "Sieg Heil" stößt auf Gelächter und schrilles Gekreische. Und ja, auch auf einige Buh-Rufe. Das ist das Ermutigende an der Geschichte: Dass es auch Menschen gibt, die Zivilcourage zeigen und sich nicht alles Gefallen lassen, wie der energische ältere Herr, bzw. seine im Hintergrund sprechenden Unterstützer.

Und damit zurück zum Straßenbahnfahrer. Dem dämmerte in dem Moment, wie an seine Miene und seinen eigenen Worten zu entnehmen ist, dass er ein "Dummkopf" war. Und, er entschuldigte sich prompt. Da war es leider schon zu spät. Zu spät hat er realisiert, dass es sein Job ist, eine Straßenbahn zu lenken, und nicht politisch heikle Nazi-Imitationen zum Besten zu geben. (Noch dazu, wo – man muss es sagen – sich seine Begabung sehr in Grenzen hält.) Ein Dummkopf eben.

Sicher: Dummheit schützt vor Strafe nicht. Die Frage ist: Welche Strafe? Die Wiener Linien griffen hart durch und entließen den Straßenbahnfahrer, die Staatsanwaltschaft ermittelt wegen Verstoß gegen das Verbotsgesetz. Ich frage mich, ob man es nicht bei einer scharfen Ermahnung belassen hätte können, zwecks Nachhaltigkeit am Besten begleitet von ein paar verpflichtenden Geschichtsstunden oder dergleichen. Zumal, wie die Wiener Linien verlautbaren ließen, der Betreffende bisher ein unbescholtenes Blatt gewesen sei. [derstandard.at, 27.10.2008]

Nur damit ich nicht missverstanden werde: Ich halte es für fatal, tatsächlich rechte Übergriffe konstant als nicht ernstzunehmende Dummheit abzutun. Ich halte hartes Durchgreifen durchaus für eine mögliche Art der Reaktion. Dann aber bitte konsequent!

Doch was passiert in Österreich? Die FPÖ präsentierte vor kurzem Martin Graf – der, auch wenn ihm (noch) keine einschlägigen Äußerungen oder Verstöße nachzuweisen sind, definitiv Kontakt mit Exponenten des rechtsextremen Milieus pflegt (um es vorsichtig zu formulieren) – als ihren Kandidaten für das Amt des dritten Nationalratspräsidenten. Nicht zum Spaß, sondern im Ernst.

Die Parlamentsparteien ÖVP, SPÖ und BZÖ johlten nicht vor Begeisterung wie die Fahrgäste der Straßenbahn, sie zuckten lediglich mit den Schultern: Was soll man denn machen? Es sei Konsens, dass das Amt des 3. Nationalratspräsidenten der drittstärksten Partei zustehe. – Das verstehe ich, nur, wenn man schon so konsensorientiert argumentiert, sollte man dann nicht auch im Gegenzug von den jeweiligen Parteien erwarten können, dass sie im Sinne des Konsens akzeptable Kandidaten nominieren? Muss man sich alles gefallen lassen? Wo bleibt die Zivilcourage? - Der einzige Protest, jener von den Grünen – dem energischen älteren Herrn des Parlaments sozusagen – fand keine Unterstützung.

Dementsprechend, wird am 28. Oktober 2008, zwei Tage nach dem Nationalfeiertag, Martin Graf vom österreichischen Parlament mit überwältigender Mehrheit zum dritten Nationalratspräsident gewählt. Ja, nicht nur das. Die Rechten konnten sich ihrer Sache so sicher sein, dass sie an ihrem Revers stolz die blaue Kornblume, das Symbol der Deutschnationalen, trugen. [tt.com, 28.10.2008] Von Spaß kann da schon lange keine Rede mehr sein.

Fazit: Der einsichtige kleine Dummkopf wird gefeuert und der bekennende große Rechte dritter Nationalratspräsident. Da soll man sich auskennen! Und wer wird letztendlich von der Geschichte profitieren? Richtig, die Falschen. Und da wird’s dann erst richtig traurig...

Quote

Wer die Enge seiner Heimat ermessen will, reise. Wer die Enge seiner Zeit ermessen will, studiere Geschichte. (Kurt Tucholsky, 1890-1935)

Latest Comments

hm...
du hast recht diesen Text zu Analysieren ist ziemlich...
little brother (Gast) - 2009/01/31 12:15
Hab a no was zum Thema...
Auf den Innsbrucker Vorfall bezogen, heißt das also:...
relationes - 2009/01/27 01:51
hab i no gfunden :)
http://orf.at/090126-34295 /index.html
little brother (Gast) - 2009/01/26 14:39
@ little brother: mehr...
@ little brother: mehr als 1/4 der Österreicher sind...
Zita (Gast) - 2009/01/20 10:09
ahhh
Na den hatte ich tatsächlich nicht mehr in Erinnerung.Na...
little brother (Gast) - 2009/01/20 09:36
LOL. Scharfsinnigst auf...
LOL. Scharfsinnigst auf den Punkt gebracht, little...
relationes - 2009/01/20 03:31
Ja,ja böse Bettler belästigen...
Ja,ja böse Bettler belästigen Kirchenbesucher in dem...
little brother (Gast) - 2009/01/19 23:37

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