Fundstück der Woche
Ich hab am Institut ein Buch über österreichische Migration nach Kanada entdeckt und das Kapitel über die Zeit der Monarchie gelesen. Wenn sich die Forschung - wie in diesem Band - spezifisch auf die MigrantInnen aus dem heutigen Staatsgebiet konzentriert, stößt sie für diese Zeit naturgemäß auf Schwierigkeiten, weil der Begriff "Österreich" und "ÖsterreicherIn" ein so unklarer ist. Davon abgesehen, dass die Antworten sicher in großem Maß davon abhingen, ob nach "Herkunftsland" oder "Ethnizität" oder "Nationalität" gefragt wurde, betrifft das schon allein die Geographie:
Es beginnt etwa damit, dass BurgenländerInnen für diese Zeit die Frage nach dem "Herkunftsland" genaugenommen mit "Ungarn" (als Synonym für den Reichsteil Transleithanien) beantworten mussten. Vielfach wurde in der Rubrik "Herkunft" auch nicht "Österreich" sondern die spezifische Region angegeben. Der Zensus von 1901 weist etwa für Toronto einen Mann auf, der - wie könnte es auch anders sein - als Herkunftsland Tirol und nicht Österreich angibt. Auf der anderen Seite, und in diesem Falle weitaus wichtiger, umfasste der Begriff "Österreich" (als Synonym für den Reichsteil Cisleithanien) auch Böhmen, Mähren und Galizien.
Einwanderungsland hin oder her, hatte Kanada um die Jahrhundertwende bezüglich der Anwerbung europäischer Einwanderer durchaus Vorstellungen, wer erwünscht (z.B. Deutsche und Skandinavier) und wer eher unerwünscht (v.a. Slawen) war. Clifford Sifton (Innenminister 1896-1905) wurde von seinen Gegnern kritisiert, er sei Schuld, dass "illiterate Slavs in overwhelming numbers" (46) eingewandert seien. Auch wenn die Regierung offiziell beim Standpunkt blieb, Land unabhängig der Nationalität zu vergeben, scheint die Deklarierung als Slawe eher nachteilig gewesen zu sein. Dies, in Kombination damit, dass die überwältigende Zahl der ImmigrantInnen aus dem Gebiet der Monarchie gerade aus Galizien kam, hatte interessante Folgen:
"Even after the dissolution of the Austro-Hungarian Empire some immigrants of what was no longer Austria, in particular Ukrainians, still called themselves 'Austrians,' and a fair number continue to do so. In the consciousness of the Canadian public, chiefly in the western provinces, [zu denen auch Alberta zählt] 'Austrian' was therefore often synonymous with 'Slavic.'" (49)
Quelle: Michaela C. Schober: "Austrian Immigration to Canada in the Imperial Period", in: Frederick C. Engelmann, Manfred Prokop, Franz A.J. Szabo (Eds.): A History of the Austrian migration to Canada, Ottawa: Carleton University Press 1996, 45-59.
Und damit verabschiede ich mich jetzt in das zum Thema passende verlängerte Wochenende. Jawohl: Verlängertes Wochenende! Am Montag ist Heritage Day. Ab morgen findet im William Hawrelak Park (der nach dem ersten Edmontoner Bürgermeister ukrainisch-kanadischer Herkunft benannt ist) das dreitägige und von mir schon mit Spannung erwartete Heritage Festival statt. Die Webpage verspricht: "We will feature 58 pavilions representing over seventy cultures from all over the world". Und sie alle verkaufen Kostproben aus ihren Küchen. Hiiiilllfeeeee!
PS: Einen Österreichischen Pavillion sucht man im übrigen vergeblich. Laut Sylwia ist die österreichische Community zwar (noch) vorhanden, aber (wie die tschechische) im Aussterben begriffen, da die junge Generation an der Pflege ihrer Wurzeln nicht interessiert ist. Na gut, dann gibt’s halt statt einem Wiener Schnitzel ein Gulasch vom ungarischen Stand. ;-)
Es beginnt etwa damit, dass BurgenländerInnen für diese Zeit die Frage nach dem "Herkunftsland" genaugenommen mit "Ungarn" (als Synonym für den Reichsteil Transleithanien) beantworten mussten. Vielfach wurde in der Rubrik "Herkunft" auch nicht "Österreich" sondern die spezifische Region angegeben. Der Zensus von 1901 weist etwa für Toronto einen Mann auf, der - wie könnte es auch anders sein - als Herkunftsland Tirol und nicht Österreich angibt. Auf der anderen Seite, und in diesem Falle weitaus wichtiger, umfasste der Begriff "Österreich" (als Synonym für den Reichsteil Cisleithanien) auch Böhmen, Mähren und Galizien.
Einwanderungsland hin oder her, hatte Kanada um die Jahrhundertwende bezüglich der Anwerbung europäischer Einwanderer durchaus Vorstellungen, wer erwünscht (z.B. Deutsche und Skandinavier) und wer eher unerwünscht (v.a. Slawen) war. Clifford Sifton (Innenminister 1896-1905) wurde von seinen Gegnern kritisiert, er sei Schuld, dass "illiterate Slavs in overwhelming numbers" (46) eingewandert seien. Auch wenn die Regierung offiziell beim Standpunkt blieb, Land unabhängig der Nationalität zu vergeben, scheint die Deklarierung als Slawe eher nachteilig gewesen zu sein. Dies, in Kombination damit, dass die überwältigende Zahl der ImmigrantInnen aus dem Gebiet der Monarchie gerade aus Galizien kam, hatte interessante Folgen:
"Even after the dissolution of the Austro-Hungarian Empire some immigrants of what was no longer Austria, in particular Ukrainians, still called themselves 'Austrians,' and a fair number continue to do so. In the consciousness of the Canadian public, chiefly in the western provinces, [zu denen auch Alberta zählt] 'Austrian' was therefore often synonymous with 'Slavic.'" (49)
Quelle: Michaela C. Schober: "Austrian Immigration to Canada in the Imperial Period", in: Frederick C. Engelmann, Manfred Prokop, Franz A.J. Szabo (Eds.): A History of the Austrian migration to Canada, Ottawa: Carleton University Press 1996, 45-59.
Und damit verabschiede ich mich jetzt in das zum Thema passende verlängerte Wochenende. Jawohl: Verlängertes Wochenende! Am Montag ist Heritage Day. Ab morgen findet im William Hawrelak Park (der nach dem ersten Edmontoner Bürgermeister ukrainisch-kanadischer Herkunft benannt ist) das dreitägige und von mir schon mit Spannung erwartete Heritage Festival statt. Die Webpage verspricht: "We will feature 58 pavilions representing over seventy cultures from all over the world". Und sie alle verkaufen Kostproben aus ihren Küchen. Hiiiilllfeeeee!
PS: Einen Österreichischen Pavillion sucht man im übrigen vergeblich. Laut Sylwia ist die österreichische Community zwar (noch) vorhanden, aber (wie die tschechische) im Aussterben begriffen, da die junge Generation an der Pflege ihrer Wurzeln nicht interessiert ist. Na gut, dann gibt’s halt statt einem Wiener Schnitzel ein Gulasch vom ungarischen Stand. ;-)
relationes - 2006/08/05 01:53