Wider das Lehrer-Prügeln
Im Hinblick auf die jüngste Diskussion über Lehrerbewertungen hat sich Herr Tartarotti vom Kurier zu einem "Vergleich" hinreißen lassen, der schon nicht mehr hinkt sondern höchstens noch kriecht bzw. meiner Meinung nach schon darniederliegt. Bitte sehr:
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Dienstleistung
Die Lehrer werden von uns bezahlt, damit sie unsere Kinder ausbilden. Doch ist es ausgesprochen schwierig, die Qualität dieser Dienstleistung zu überprüfen. Man stelle sich vor, ein Friseur würde ständig windschiefe Frisuren schneiden oder ein Wirt versalzene Suppe servieren. Dennoch wären beide nahezu unkündbar, und ein Wechsel zu einem anderen Haarschneider bzw. Lokal wäre nur unter größten Schwierigkeiten möglich. Darüber hinaus gäbe es keine Möglichkeit, die Leistungen von Friseur und Wirt zu bewerten – ganz im Gegenteil, die beiden würden den Kunden jedes halbe Jahr Zeugnisse über die Qualität ihrer Haare oder über ihr Essverhalten austeilen.
Wieder wird über eine Lehrer-Beurteilung diskutiert, wieder bremst die Gewerkschaft. Ein – altersadäquates, formal sachliches – Feedback für den Lehrer durch seine Kunden, die Schüler, wäre selbstverständlich und nützlich. Kommen wird es lange nicht: Denn in Österreich habe konstruktive Kritik keine Tradition, sagt eine kritische Lehrerin. Da könnt’ ja ein jeder kommen. - GUITAR guido.tartarotti@kurier.at
Quelle: Kurier, Montag 23. Juni 2008, S. 1. Artikel online abrufbar unter www.kurier.at
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Es lebe der Stammtisch! Das halbe Jahr haben sie frei, diese nichtsnutzigen Lehrer, verdienen dabei 100.000 Schilling im Monat – und das auch noch unkündbar. Frechheit! Skandal!
Ich fang jetzt gar nicht an, zu versuchen, mit Argumenten zu erklären, warum dieser Vergleich völliger Schwachsinn ist.
Wer’s nicht versteht, der denke zunächst einmal über folgende Gegenfragen nach:
Erstens: Lieber Herr Österreicher, liebe Frau Österreicherin. Nun ist es doch so, dass es Ihre Pflicht als Eltern ist, ihre Kinder gut zu versorgen. Dafür erhalten Sie auch gewisse staatliche Vergünstigungen bzw. Kindergeld. Es ist deshalb nur recht und billig, dass wir Ihren geschätzten Nachwuchs regelmäßig evaluieren, was sie von Ihrer Leistung (inklusive Taschengeld, Ausgehzeiten etc) halten, und wenn es da zu viel Kritik gibt, dann setzt es aber staatliche Konsequenzen!
Zweitens: In noch keinem Formular, das ich ausfüllen musste, wurde je nach meinem Friseur oder Koch gefragt. Sehr wohl taucht da jedoch immer wieder die Rubrik "Beruf" o.ä. auf. Und siehe da, in dieser gibt es als Antwortmöglichkeit unter anderem "SchülerIn" o.ä. - Könnte ich jetzt daraus ganz frech schließen, dass Schüler eine Art Berufsgruppe darstellen? Eine Berufsgruppe, die daran arbeiten muss, sich selbstständig und unter Anleitung ihrer Vorgesetzten (der Lehrer) zu bilden? Lieber Herr Österreicher, liebe Frau Österreicherin. Bitte gehen Sie also morgen an ihrer Arbeitsstelle zu Ihrem Chef. Verlangen Sie, dass Sie als Angestellte das Recht haben müssen, Ihre Vorgesetzten regelmäßig zu evaluieren, was Sie von deren Leistung (inklusive Bezahlung, Arbeitszeiten etc) halten, und wenn es da zu viel Kritik gibt, dann setze es aber staatliche Konsequenzen!
In Österreich habe konstruktive Kritik keine Tradition, sagt eine kritische Lehrerin. Der Kurier-Kommentar ist wieder einmal ein guter Beweis.
Was nicht heißen soll, dass es nicht eine konstruktive Form von Evaluation geben könnte und womöglich sollte, wenngleich das nicht annähernd so einfach ist, wie wie sich das der Maxi bzw. die Mimi vom Kurier oder Herr Österreicher bzw. Frau Österreicherin vorstellen. Einige Blicke in die an den Universitäten üblichen Evaluationen würden das sicher bestätigen. Aber das ist eine andere Geschichte.
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Dienstleistung
Die Lehrer werden von uns bezahlt, damit sie unsere Kinder ausbilden. Doch ist es ausgesprochen schwierig, die Qualität dieser Dienstleistung zu überprüfen. Man stelle sich vor, ein Friseur würde ständig windschiefe Frisuren schneiden oder ein Wirt versalzene Suppe servieren. Dennoch wären beide nahezu unkündbar, und ein Wechsel zu einem anderen Haarschneider bzw. Lokal wäre nur unter größten Schwierigkeiten möglich. Darüber hinaus gäbe es keine Möglichkeit, die Leistungen von Friseur und Wirt zu bewerten – ganz im Gegenteil, die beiden würden den Kunden jedes halbe Jahr Zeugnisse über die Qualität ihrer Haare oder über ihr Essverhalten austeilen.
Wieder wird über eine Lehrer-Beurteilung diskutiert, wieder bremst die Gewerkschaft. Ein – altersadäquates, formal sachliches – Feedback für den Lehrer durch seine Kunden, die Schüler, wäre selbstverständlich und nützlich. Kommen wird es lange nicht: Denn in Österreich habe konstruktive Kritik keine Tradition, sagt eine kritische Lehrerin. Da könnt’ ja ein jeder kommen. - GUITAR guido.tartarotti@kurier.at
Quelle: Kurier, Montag 23. Juni 2008, S. 1. Artikel online abrufbar unter www.kurier.at
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Es lebe der Stammtisch! Das halbe Jahr haben sie frei, diese nichtsnutzigen Lehrer, verdienen dabei 100.000 Schilling im Monat – und das auch noch unkündbar. Frechheit! Skandal!
Ich fang jetzt gar nicht an, zu versuchen, mit Argumenten zu erklären, warum dieser Vergleich völliger Schwachsinn ist.
Wer’s nicht versteht, der denke zunächst einmal über folgende Gegenfragen nach:
Erstens: Lieber Herr Österreicher, liebe Frau Österreicherin. Nun ist es doch so, dass es Ihre Pflicht als Eltern ist, ihre Kinder gut zu versorgen. Dafür erhalten Sie auch gewisse staatliche Vergünstigungen bzw. Kindergeld. Es ist deshalb nur recht und billig, dass wir Ihren geschätzten Nachwuchs regelmäßig evaluieren, was sie von Ihrer Leistung (inklusive Taschengeld, Ausgehzeiten etc) halten, und wenn es da zu viel Kritik gibt, dann setzt es aber staatliche Konsequenzen!
Zweitens: In noch keinem Formular, das ich ausfüllen musste, wurde je nach meinem Friseur oder Koch gefragt. Sehr wohl taucht da jedoch immer wieder die Rubrik "Beruf" o.ä. auf. Und siehe da, in dieser gibt es als Antwortmöglichkeit unter anderem "SchülerIn" o.ä. - Könnte ich jetzt daraus ganz frech schließen, dass Schüler eine Art Berufsgruppe darstellen? Eine Berufsgruppe, die daran arbeiten muss, sich selbstständig und unter Anleitung ihrer Vorgesetzten (der Lehrer) zu bilden? Lieber Herr Österreicher, liebe Frau Österreicherin. Bitte gehen Sie also morgen an ihrer Arbeitsstelle zu Ihrem Chef. Verlangen Sie, dass Sie als Angestellte das Recht haben müssen, Ihre Vorgesetzten regelmäßig zu evaluieren, was Sie von deren Leistung (inklusive Bezahlung, Arbeitszeiten etc) halten, und wenn es da zu viel Kritik gibt, dann setze es aber staatliche Konsequenzen!
In Österreich habe konstruktive Kritik keine Tradition, sagt eine kritische Lehrerin. Der Kurier-Kommentar ist wieder einmal ein guter Beweis.
Was nicht heißen soll, dass es nicht eine konstruktive Form von Evaluation geben könnte und womöglich sollte, wenngleich das nicht annähernd so einfach ist, wie wie sich das der Maxi bzw. die Mimi vom Kurier oder Herr Österreicher bzw. Frau Österreicherin vorstellen. Einige Blicke in die an den Universitäten üblichen Evaluationen würden das sicher bestätigen. Aber das ist eine andere Geschichte.
relationes - 2008/06/25 23:07