Das Rote Wien..
.. einmal anders:
Als Vorgeschmack auf den 1. Mai lud das Renner-Institut Tirol gestern zum Filmabend ins Leokino. Gezeigt wurde "Das Notizbuch des Mr. Pim" (Stummfilm, Österreich 1930), ein sozialistischer Wahlwerbe- / Propagandafilm in Spielfilmlänge anlässlich der Nationalratswahlen 1930.
Die Handlung ist rasch erzählt: Der amerikanischer Journalist Mr. U. S. A. Pim reist nach Wien, um über die dortige soziale und wirtschaftliche Lage zu berichten. Nach seiner Ankunft klärt ihn zunächst ein Bekannter über die untragbaren Zustände auf, was Mr. Pim sorgfältig in seinem Notizbuch festhält. Anschließend trifft er sich mit seiner erwachsenen, in Wien lebenden, Tochter und lernt deren Freund kennen. Beim idyllischen Mittagessen erwähnt Mr. Pim beiläufig einen der Missstände, den er zu wissen glaubt. 'Das ist Lüge!', fährt der Zukünftige (bzw. Gegenwärtige) der Tochter empört auf. Fortan begibt man sich zu dritt auf einen Streifzug durch die Stadt, wobei das junge Paar versucht, den skeptischen Besucher Punkt für Punkt bzw. Seite für Seite seines Notizbuchs davon zu überzeugen, dass im Roten Wien in Wahrheit alles ganz rosig sei. Letzten Endes mit Erfolg, selbstverständlich.
Ich kann den Film wirklich nur empfehlen. Die Bemühung einer zwar relativ vorhersehbaren, aber doch netten Rahmenhandlung. Die überzeichnet ausdrucksvolle Mimik und Gestik der Darsteller. (In unserem Fall untermalt mit ausgezeichneter Live-Klavierbegleitung.) Die wundervoll plakativen Stereotype vom im Luxus schwelgenden, hartherzigen Kapitalisten und dem armen, dahinvegetierenden Arbeiter, von im ersten Weltkrieg massenweise fallenden Soldaten und den in die Höhe schnellenden Börsenwerten der Steyr-Waffenfabriken. Aber, so der Film: 'Das ist Vergangenheit. Eure Kinder werden für keinen Kaiser mehr sterben.' Ach, traurige Ironie, wenn ihr nur gewusst hättet..
Insbesondere ist der Film auch Wien-Fans zu empfehlen, weil in ausführlichen und eindrucksvollen Szenen die sozialen Wohnbauten für Arbeiter gezeigt werden, unter anderem der damals brandneue Karl-Marx-Hof, oder auch öffentliche Einrichtungen wie Kindergärten, Schwimmbäder und Büchereien. Faszinierende Einblicke in die Stadtgeschichte in bewegten Bildern.
Was im übrigen die Wahl betrifft, für die der Film gemacht wurde: Bei den Nationalratswahlen am 9. November 1930 erreichten die Sozialdemokraten 41,1%, die Christlich Sozialen 35,7%. Die restlichen Nationalratssitze gingen an den Nationalen Wirtschaftsblock und Landbund mit 11,6% und den Heimatblock mit 6,2%. Die NSdAP scheiterte mit nur 3%. Die Wahlbeteiligung lag bei 90,2%! [1]
Was damals wohl keiner erwartet hätte: Es sollten dies leider die letzten Nationalratswahlen für ganze 15 Jahre (und 16 Tage) gewesen sein.. [2]
Als Vorgeschmack auf den 1. Mai lud das Renner-Institut Tirol gestern zum Filmabend ins Leokino. Gezeigt wurde "Das Notizbuch des Mr. Pim" (Stummfilm, Österreich 1930), ein sozialistischer Wahlwerbe- / Propagandafilm in Spielfilmlänge anlässlich der Nationalratswahlen 1930.
Die Handlung ist rasch erzählt: Der amerikanischer Journalist Mr. U. S. A. Pim reist nach Wien, um über die dortige soziale und wirtschaftliche Lage zu berichten. Nach seiner Ankunft klärt ihn zunächst ein Bekannter über die untragbaren Zustände auf, was Mr. Pim sorgfältig in seinem Notizbuch festhält. Anschließend trifft er sich mit seiner erwachsenen, in Wien lebenden, Tochter und lernt deren Freund kennen. Beim idyllischen Mittagessen erwähnt Mr. Pim beiläufig einen der Missstände, den er zu wissen glaubt. 'Das ist Lüge!', fährt der Zukünftige (bzw. Gegenwärtige) der Tochter empört auf. Fortan begibt man sich zu dritt auf einen Streifzug durch die Stadt, wobei das junge Paar versucht, den skeptischen Besucher Punkt für Punkt bzw. Seite für Seite seines Notizbuchs davon zu überzeugen, dass im Roten Wien in Wahrheit alles ganz rosig sei. Letzten Endes mit Erfolg, selbstverständlich.
Ich kann den Film wirklich nur empfehlen. Die Bemühung einer zwar relativ vorhersehbaren, aber doch netten Rahmenhandlung. Die überzeichnet ausdrucksvolle Mimik und Gestik der Darsteller. (In unserem Fall untermalt mit ausgezeichneter Live-Klavierbegleitung.) Die wundervoll plakativen Stereotype vom im Luxus schwelgenden, hartherzigen Kapitalisten und dem armen, dahinvegetierenden Arbeiter, von im ersten Weltkrieg massenweise fallenden Soldaten und den in die Höhe schnellenden Börsenwerten der Steyr-Waffenfabriken. Aber, so der Film: 'Das ist Vergangenheit. Eure Kinder werden für keinen Kaiser mehr sterben.' Ach, traurige Ironie, wenn ihr nur gewusst hättet..
Insbesondere ist der Film auch Wien-Fans zu empfehlen, weil in ausführlichen und eindrucksvollen Szenen die sozialen Wohnbauten für Arbeiter gezeigt werden, unter anderem der damals brandneue Karl-Marx-Hof, oder auch öffentliche Einrichtungen wie Kindergärten, Schwimmbäder und Büchereien. Faszinierende Einblicke in die Stadtgeschichte in bewegten Bildern.
Was im übrigen die Wahl betrifft, für die der Film gemacht wurde: Bei den Nationalratswahlen am 9. November 1930 erreichten die Sozialdemokraten 41,1%, die Christlich Sozialen 35,7%. Die restlichen Nationalratssitze gingen an den Nationalen Wirtschaftsblock und Landbund mit 11,6% und den Heimatblock mit 6,2%. Die NSdAP scheiterte mit nur 3%. Die Wahlbeteiligung lag bei 90,2%! [1]
Was damals wohl keiner erwartet hätte: Es sollten dies leider die letzten Nationalratswahlen für ganze 15 Jahre (und 16 Tage) gewesen sein.. [2]
relationes - 2008/05/01 17:03