Die Sprache(n) die wir (mehr oder weniger) sprechen

Montag, 10. November 2008

Fundstück des Tages (Beamtenösterreichisch?)

Stellungnahmen von Polizisten und anderen Einsatzkräften in den Nachrichten finde ich generell sehens- bzw. hörenswert, einfach wegen deren mitunter komischen Kombination von elaboriertem Beamtendeutsch und österreichischer Umgangssprache.

In den entsprechenden schriftlichen Berichten geht das dann leider verloren. Zumeist.

Zum Hintergrund des heutigen Fundstücks: Beim Samstagsspiel der Ersten Liga zwischen SV Scholz Grödig und FC Wacker Innsbruck kam es zu heftigen Zusammenstößen. Bereits vor dem Spiel trafen sich Hooligans zum Stelldichein auf der "Bluatwiesn", im "Stadion" wurde danach ein Zaun niedergerissen und diverse Gegenstände aufs Spielfeld geworfen, und nach dem Match kam es erneut zu Schlägereien. (salzburg.of.at)

Die Polizeiführung beurteilt das Verhalten der Exekutive durchaus kritisch. Hermann Rechberger, Offizier und Jurist von der Salzburger Sicherheitsdirektion glaubt an taktische Fehler der Einsatzführung:

"Wir werden hier genau überprüfen, wie es nach dem Spiel ein zweites Mal dazu kommen konnte, dass Innsbrucker Hooligans mit gegnerischen Fans in Kontakt kommen konnten. Und warum gelang es nicht, die Innsbrucker einfach zu ihren Bussen zu eskortieren? Wir können nach solchen Dingen nicht zur Tagesordnung übergehen, ohne sich das genau anzuschauen." (salzburg.orf.at)

Frage: Was ist hier passiert?

Möglichkeit 1: Der Journalist des ORF hat ungenau gearbeitet und den Satz zwar als "Wir können nicht... ohne uns..." begonnen, ist dann aber mittendrin zur Form "Man kann nicht... ohne sich..." gewechselt.

Möglichkeit 2: Der Journalist des ORF hat das gesprochene Österreichisch des Beamten zu einfach ins geschriebene Deutsch übertragen: "Mia kennan ned zua Dogesoadnung übagehn, ohne dass ma si des genau onschaun!"

Sonntag, 6. Juli 2008

Braq(ue)!

Also das nenne ich einmal eine kreative, generationenverbindende Kampagne: Die freecard für die Ausstellung "George Braque - Der andere Picasso" des Bank Austria Kunstforum. (Danke ans Schwesterchen fürs Entdecken und Mitbringen.)braque

Georges Braque (1882-1963): Französischer Maler, Grafiker und Bildhauer, der zusammen mit Pablo Picasso den Kubismus entwickelte und zu den bedeutendsten Künstlern der Moderne zählt. (Quelle: Namen der Kunst georges-braque.de)

"Braq, Oida!" Ausdruck aus dem Wortschatz der 2007 entstandenen österreichischen Jugendkulturströmung der Krocha, der aus Verkürzung (Na prack!) bzw. Veränderung der Schreibweise (BraQ) der Redewendung "Do prackts mi nieda." ("Das haut mich um.") resultiert und wie hier meist vom - im Krocha-Slang allgegenwärtigen - Wörtchen "Oida" ("Alter") begleitet wird. (Quelle: Krocha-Lexikon fix-oida.at)

Samstag, 5. Juli 2008

zitat-iert

Gestern in der Rubrik "Spruch der Woche" der Innsbruck-Ausgabe der "Tiroler Woche":

"Der Geschäftsführer der Tirol Werbung Joe Margreiter bedankt sich überschwänglich für die tolle Gastfreundschaft" - die Neufstift im Stubaital der spanischen Nationalmannschaft während der EURO 08 zuteil werden hat lassen - und tut dies mit folgenden spruchreifen Worten:

"Die Stubaier haben eine Visitenkarte für die erstklassige Tiroler Gastfreundschaft abgegeben und die Spanier bestens serviciert."

Serviciert!? Service-iert!? Was ist denn das bitte für ein Wort? Grammatiaklische Kategorie: Verbisiertes Nomen? Ich bin leicht irr-it-iert..

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Quelle: "Spruch der Woche" in: Tiroler Woche, 32. Jg, Freitag 4. Juli 2008, S. 2.
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Dienstag, 24. Juni 2008

Spars Schnäuztücher (aka Save's Honkcloths ;)

Offensichtlich spart Spar in der neuen "Budget" Linie nicht nur bei Produktionskosten, Design und Verpackung - sondern auch bei den Übersetzern.

spar-budget

Vorweg: Strenggenommen falsch ist die Übersetzung nicht, wie die online dictionaries zeigen - aber, soweit ich das beurteilen kann, hochgradig unüblich.

Zumindest im kanadischen Englisch wird das Papiertaschentuch eigentlich immer "tissue" (oder informell auch nach der Marke "Kleenex", also die Analogie zum deutschen "Tempo") genannt, während man im Gegensatz dazu "handkerchief" nur für das gute alte Stofftaschentuch verwendet. Ich kann mich jedenfalls nicht erinnern, jemals "handkerchief" auf einer Packung Papiertaschentücher gelesen zu haben.

Und ein kleiner Check auf der Online-Shopping-Seite meiner ehemaligen Stamm-Supermarkt-Kette in England, Sainsbury's, hat ergeben, dass - abgesehen von einzelnen "Wipes" und "Hankies" - auch dort fast nur "Tissue" zu bekommen sind. (Ebenda kann man sich auch durch einen kurzer Blick abschauen, dass es scheinbar üblicher ist, die Stückanzahl in "Sheets" und nicht in "Pieces" anzugeben.)

Also, wenn ich mal mit meinen 2 bis 3 Jobs nicht mehr ausgelastet bin, werd ich mich vielleicht bei Spar bewerben..

Donnerstag, 22. Mai 2008

Göttliches Griaß Di

Anlässlich des heutigen Feiertages - bei dem sich die Kirchen sicherlich Land auf Land ab überall über Massenanstürme freuen durften, schließlich ist ja, wie wir spätestens durch den Wahlkampf wissen, der typische Tiroler katholisch. (Aber das ist eine andere Geschichte.) - Also, anlässlich des Feiertages eine kürzlich erlebte Episode zur Sprache im Heiligen Land Tirol:

Allgemein gehe es ihr recht gut mit dem Deutsch, sagte die erst seit ein paar Wochen in Österreich arbeitende bulgarische Krankenpflegerin meiner Großtante. Nur mit dem Tiroler Dialekt sei das so eine Sache, den könne sie so gut wie überhaupt nicht verstehen. Und was sie auch nicht verstehe: Warum begrüßen sich die Leute hier eigentlich einfach nur mit Jesu’ Namen: „Christi“ ?

Freitag, 2. Mai 2008

Schwarzrotes Vokabellernen

Heute las ich ein Interview mit Erwin Zangerl, designierter Nachfolger von Fritz Dinkhauser als Präsident der AK-Tirol, an und für sich gar nicht der Rede wert, wäre da nicht folgende linguistische Analyse über seine mögliche zukünftige Zusammenarbeit mit den Sozialpartnern:

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"Sozialpartnerschaft ist eine wichtige Angelegenheit, weil einerseits das Wort 'sozial' drinsteckt und andererseits das Wort 'Partnerschaft', die ich noch nicht kenne, aber sicher kennenlernen werde."

Quelle: ECHO am Freitag, 1.Jg., Nr. 25 (2. Mai 2008), S. 2.
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Ähm. Ja. Viel Spaß dann beim Wörter kennenlernen, Herr Zangerl. :)

Donnerstag, 24. April 2008

ORF-Spanisch

Bitte, kann endlich jemand den ORF-Fußballkommentatoren sagen, dass sie "Barcelona" nicht aussprechen sollen, als hätten sie sich die Zunge zwischen den Zähnen eingeklemmt!? Das nervt! Im Deutschen reicht ein "s" vollkommen, und ich glaub's euch eh, dass ihr alle perfekt Spanisch könnt, und Katalanisch noch dazu.

Samstag, 5. April 2008

Brisant: Deutsche Sprache(n) Schwere Sprache(n)

Nichtsahnend zappe ich (auf gut neudeutsch) heute Nachmittag durch die Programme und bleibe bei der ARD und dem Boulevard-Magazin "Brisant" hängen. Dort widmet man sich jenem Fall von Vandalismus, als zwei Kinder eine Bäckerei in Winterthur völlig verwüsteten (hier ein Artikel mit Bildern).

Der Bericht beginnt mit einem Ausschnitt aus dem Schweizer Fernsehen - in Originalton und ohne jeglichen Kommentar. Gut verständlich an sich, so man sich schon einmal ansatzweise auf die Eigenheiten des Schweizerdeutschen eingelassen hat. Aber das im deutschen Fernsehen? - Etwas überraschend!

Aber halt - da kommt auch schon die Auflösung: Es war ja alles nur ein böser Scherz! Denn nahtlos daran anschließend liefert der Brisant-Bericht pflichtbewusst die wortgetreue Übersetzung des eben Gezeigten ins Hochdeutsche nach, auf dass jeder deutsche (und vermutlich vor allem auch jeder Schweizer) Zuseher höre, wie besagter Text "in richtigem Deutsch" lauten muss.

Doch es kommt noch besser. Dass es im deutschen Fernsehen immer wieder mal für notwendig erachtet wird, Bayern, Österreicher und Schweizer mit Untertiteln zu versehen, kennt man ja – und das finde ich durchaus nachvollziehbar, wenn auch nichtsdestotrotz amüsant. Aber die Brisant-Redaktion geht heute noch einen Schritt weiter, so als fühlte sie sich bemüßigt, ihr Vergehen, dem bundesrepublikanischen Bürger eine halbe Minute reinen Schweizerdeutschs zugemutet zu haben, zu kompensieren: Für den Rest des Berichts werden alle Schweizer Sprecher, Reporter und Interviewten mit den entsprechenden hochdeutschen Texten überdeckt!

Also, Untertitel schön und gut, aber einen schweizerdeutschen Bericht einer Fremdsprache gleich quasi zu synchronisieren, das ist mir dann eindeutig zuviel des Guten. Liebe ARD, so werden eure Zuseher nie lernen, uns widerspenstige Volksdytsche und Voigsdeidsche zu verstehen..

Quote

Wer die Enge seiner Heimat ermessen will, reise. Wer die Enge seiner Zeit ermessen will, studiere Geschichte. (Kurt Tucholsky, 1890-1935)

Latest Comments

hm...
du hast recht diesen Text zu Analysieren ist ziemlich...
little brother (Gast) - 2009/01/31 12:15
Hab a no was zum Thema...
Auf den Innsbrucker Vorfall bezogen, heißt das also:...
relationes - 2009/01/27 01:51
hab i no gfunden :)
http://orf.at/090126-34295 /index.html
little brother (Gast) - 2009/01/26 14:39
@ little brother: mehr...
@ little brother: mehr als 1/4 der Österreicher sind...
Zita (Gast) - 2009/01/20 10:09
ahhh
Na den hatte ich tatsächlich nicht mehr in Erinnerung.Na...
little brother (Gast) - 2009/01/20 09:36
LOL. Scharfsinnigst auf...
LOL. Scharfsinnigst auf den Punkt gebracht, little...
relationes - 2009/01/20 03:31
Ja,ja böse Bettler belästigen...
Ja,ja böse Bettler belästigen Kirchenbesucher in dem...
little brother (Gast) - 2009/01/19 23:37

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